Gestern wollten Ben und ich das Hotel besichtigen, in dem die Leute untergebracht sind, wir wollen denen ja keine Bruchbude andrehen.
Viel Zeit hatten wir dafür eigentlich nicht eingeplant, denn das Hotel ist nur zwei Haltestellen von unserer entfernt. Auf dem Weg nach Seoul sind wir schon oft in unseren roten Bussen daran vorbei gerast. Rote Busse kosten allerdings mehr als weiße oder gelbe. Da Ben der felsenfesten Überzeugung war, dass der 10-3 Bus auf jeden Fall dort hält, sind wir in den Bus gehüpft. Nun ja. Was soll ich sagen. Es gibt einen kurzen Weg (grün) - und es gibt Bens Weg (rot).
Nachdem ich fassungslos festgestellt hatte, dass der Bus eiskalt vor unserem Ziel abgebogen war und nun munter in die falsche Richtung raste, beschloss ich, es auszusitzen. Es regnete in Strömen und ich hatte keine Lust bei dem Wetter ins Hotel zu laufen. Der Bus fuhr und fuhr und fuhr.
Als ich schon aufgegeben hatte an diesem Tag noch mein Bett wiederzusehen, waren wir an der Endstation angekommen. Eigentlich wollten wir einfach sitzen bleiben und die Runde wieder mit zurück fahren, aber der Busfahrer hat uns förmlich rausgeschmissen...
Naja, immerhin hatte es aufgehört zu regnen, zum Glück für Ben. Sein Regenschirm hatte nämlich schon auf dem Campus das Zeitliche gesegnet.
Nachdem wir uns kurz orientieren mussten, machten wir uns auf zur nächsten Haltestelle in Richtung Heimat. Unterwegs sprach uns ein alter Mann an und fragte, woher wir sind. Bei dem Wort Germany erhellte sich sein Gesicht und er fragte welcher Religion wir angehören. Ich sagte schnell "none" bevor Ben sich als Antichrist outen konnte.
Der Mann zeigte uns stolz seinen Ring und verklickerte uns in seinem gebrochenem Englisch, dass er Christ sei. Schön, freut mich für ihn, aber was hat das mit uns zu tun??? Auf einmal fing er an wild zu gestikulieren, redete irgendwas unverständliches von "Papa" und zeigte auf seinen Ring. Ben und ich sahen uns verständnislos an. Dieser Mann wollte uns augenscheinlich irgendwas sagen - nur, was? "Papa, germany" versuchte der Mann es erneut. Moment mal, Papa und Germany, da war doch was. Christen, Papa, Germany? Dann fiel bei mir endlich der Groschen.
Wir sind Papst!
"Papst Ratzinger?" "Dae, dae" verfiel der Mann aufgeregt ins Koreanische. Er schien ziemlich erleichtert zu sein, dass wir nun endlich geschnallt hatten, was er von uns wollte. "See you" sagte er und schon war er weg. "Grüß Gott" dachte ich mir und wir zogen weiter.
Dieses Land ist wirklich erstaunlich. Man findet niemanden, der einem helfen kann, wenn man nicht weiß, welchen Bus man nehmen soll, man kann kaum eine Pizza auf Englisch bestellen, geschweige denn einen englischsprachigen Ubahnplan finden.
Aber man wird auf der Straße angesprochen, weil der Papst aus Deutschland kommt. Da komm ich echt nicht mehr mit.
Zum Glück haben wir dann auch unseren Bus bekommen und sind wieder gen Heimat gegondelt.
An einer Haltestelle hüpften auf einmal zwei kleine Koreaner in den Bus, die komplett in weiße Ganzkörperkondome gehüllt waren, wahrscheinlich eine Art Regencape. Sah auf jeden Fall aus, wie Quarantäneanzüge. Wie sich nach fünf Minuten herausstellte, waren die wahrscheinlich irgendwo entflohen. Ich tippe mal auf geschlossene Anstalt.
Die plapperten erst ne Weile aufgeregt auf koreanisch. Und dann fingen die an zu singen! Ja, zu singen. Und zwar grausam. Da standen also zwei in weiße Gummianzüge gehüllte Männchen vor uns und quälten sich einen ab. Die Begeisterung des Publikums beschränkte sich auf desinteressierte Blicke aus dem Fenster. Ich musste mir echt das Lachen verkneifen, die sahen so witzig aus! Danach wollten sie Geld einsammeln, aber nee, also dafür hätten sie wenigstens die Töne treffen müssen. An der nächsten Haltestelle entfleuchten sie und nervten einen anderen Bus.
An jeder Haltestelle quetschten sich mehr Leute in unseren Bus. Jedes Mal, wenn ich dachte, jetzt geht aber nichts mehr, kamen noch fünf Leute mehr. Da krasseste Erlebnis dieser Art hatten wir mal in der Ubahn in Seoul. Ich dachte bis dahin, dass eine Dichte von 6 Menschen pro Quadratmeter mehr als genug ist. Aber in dieser Ubahn waren es wohl eher 20 Menschen / m². Mich würde nicht wundern, wenn in Seoul jedes Jahr einige ungewollte Schwangerschaften aufgrund von Ubahnfahren zustande kommen. Da kommt Freude auf. Man hat vor allem keinen freien Bewegungswillen mehr. Man wird hilflos immer weiter in die Tiefen des Waggons geschoben, bis die Tür kaum noch sehen ist. Das ist ein Spaß, wenn man dann versuchen darf, innerhalb von 25 Sekunden die Menschenmenge zu durchqueren, um auszusteigen. Mission impossible. Ganz besonders wird das Erlebnis Ubahnfahren in Seoul auch dadurch, dass Knoblauch eines der Hauptgewürze in Korea ist. Schön für die, die Knoblauch gegessen haben. Schlecht für die anderen. Also uns. *würg*
Dann hört man ja auch permanent diese Rotzgeräusche, so von ganz tief unten. Da fängt man dann an zu beten, dass einem so ein Fladen nicht in der Kapuze landet. Möglich wär alles in diesem Land. Bäh.
Wie bin ich da jetzt drauf gekommen? Achja, wir waren also in dem Bus. Ben und ich hatten Sitzplätze, da wir ja an der Endstation eingestiegen waren. Wir hatten noch ein ganzes Stück Weg vor uns, als ein paar alte Frauen einstiegen. Natürlich bin ich aufgestanden, hab einer Frau meinen Platz angeboten und hab den Rest der Fahrt Tarzan an meinem Haltegriff gespielt. Manchmal ist es echt bequemer ohne diese gute Erziehung. Siehe Ben. Der saß sich natürlich quietschvergnügt seinen Arsch breit und ließ die Omas stehen *kopfschüttel*
Schlussendlich haben wir das Hotel dann doch noch erreicht. Der Concierge zeigte uns die Räume. Boah, da könnte man vor Neid grün werden. Die haben eine BADEWANNE! Und einen Kühlschrank! Eine Minibar, Fön, Aftershave, Zahnpasta, Duschbad, alles da. Einen Computer mit Internetanschluss und einen riesen Fernseher mit bestimmt 110 cm Bildschirmdiagonale.
*neid* Ben war kaum aus dem Hotel rauszukriegen *grins*
Im Fahrstuhl nach unten fragte uns der Concierge. "Germany?" "Yes".
Schweigen.
"Beckenbauer" wagte er einen neuen Versuch. Na toll. Das erste, was ihm zu Deutschland einfällt, ist Beckenbauer. Ja ähhm also ääh, da sag i mol äähm.
Soviel zu unserem Image in der Welt.
BMW, Beckenbauer, Adidas und Hitler ist alles, was denen zu uns einfällt. Naja, immer noch besser als Amerika. Da denkt man als erstes an George Bush und das ist ja mal richtig scheiße.
Heute hab ich mal wieder endlos lange geschlafen, ich kleines Murmeltier. Nachdem ich dann halbwegs wach war, sind Ben und ich nach Seoul gefahren, ein bisschen bummeln. Ben hat sich ne Kette und ein Armband gekauft *hrhr* Vielleicht trägt er es das nächste Mal, wenn er im Fitnessstudio mit dem Arsch wackelt *weghau*
Naja, eigentlich wollten wir heut abend scrabbeln, aber Ben hat Migräne. Der Ärmste. Gott sei Dank konnte er sich mit letzter Kraft eine Paracetamol einwerfen, sonst wäre er wohl seinen Schmerzen erlegen. *grins* Naja, wenn Männer krank sind - eine Katastrophe ;)
Naja, stattdessen konnte ich den Abend für einige amüsante Telefonate nutzen - hoch lebe Skype!
Morgen werden wir die Geschäftsführer vom Flughafen abholen, also alles in allem vier bis fünf Stunden Busfahrt... olé olé.
Annyeonghi kyeseo!
6 Kommentare:
Halli Hallo,
dat Tinchen hier. Sitze grad am flughafen und erfreue mich an der lustigen Tastatur.
Hier ein paar Kostproben:
빕 빔 밥 (Bibimbab)
감 사 함 니 다 (Gamsahamnida)
서 울 (Seoul)
만 두 (mandu)
고 기 (gogi)
티 나 (Tina)
벤 자 민 (Benjamin)
실 리 (Silli)
마 리 (Marie)
So, jetzt muss ich los!!!
Ciaoi, Knutsch
is ja cool lauter Fragezeichen.... und alle solln das gleiche Bedeuten :-)...die spinnen die Koreaner die...
Tinchen, du bist 15 Flugstunden von Deutschland entfernt- unsere Computer hatten noch keinen Koreanisch-Lehrgang! Trotzdem, dein Blog ist wie immer sehr amüsant.
Achso, ich vergaß!!!
Eure Betriebssysteme haben keine koreanisch erkennung. mist verdammter!
mein rechner hat die koreanische Sprache drauf *stolzsei*
Hi,
bin bei der Organisation für mein Seoul-Praktikum nächstes Jahr auf deine Seite gestoßen und habe deinen Blog sehr gerne gelesen.
Schade, dass nach deinem letzten Post kein Fazit oder ähnliches mehr kam.
Beste Grüße,
Thomas
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